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Dagny Juel Przybyszewska

[Ein Liebesdrama im Kaukasus.]

Aus Lemberg wird berichtet: Die Gattin des polnischen Schriftstellers Przybyszewski, der einer der Hauptvertreter der polnischen Moderne ist, war vor einigen Wochen nach Tiflis im Kaukasus abgereist. Nun kommt von dort die Nachricht, daß die Dame von einem Gutsbesitzer Namens Emeryk erschossen wurde. Emeryk hat sich gleich nach dem Morde selbst enleibt.



[Das Liebesdrama im Kaukasus.]

Wir berichteten gestern, daß die Gattin des polnischen Schriftstellers Przybyszewski in Tiflis von einem Gutsbesitzer Namens Emeryk erschossen wurde, worauf sich Emeryk selbst enlebite. Ein merkwürdiger Liebesroman hat damit seinen Abschluß gefunden. Przybyszewski lernte als Herausgeber der modernen Zeitschrift „Zyce“ [d.v.s. Życie] seine Frau kennen, die Dagny hieß, eine Norwegerin, die Witwe eines Arztes und Mutter zweier Kinder war. Sie war mit Strindberg eng befreundet, und Przybyszewski erzählt sein Verhältniß zu ihr in seiner Trilogie „Homo Sapiens“, dem dann Strindberg als Gegendarstellung den Roman „Inferno“ folgen ließ. Emeryk, der Sohn einer Millionärs, lernte als Neunzehnjähriger die Frau, die selbst Schriftstellerin war, kennen. Und Przybyszewski, der in seinen Schriften die freie Liebe predigt und das absolute Recht des Mannes auf die geliebte Frau trotz aller conventionellen Fesseln verlangt, stellte seiner Frau nichts in den Weg, als sie mit dem jungen Emeryk sich vereinigen wollte, ja er begleitete sine Frau nach Rußland, als sie sich zu ihrem Geliebten begab. Als die Frau mit Emeryk in den Kaukasus ging, geschah dies gleichfalls mit Einwilligung des Przybyszewski. Dieser hielt sich inzwischen in Lemberg auf, wo sich in künstlerischen und literarischen Kreisen begreifliche Theilnahme für die Helden dieses Romanes kundgibt. Der Dichter selbst ist heute über Krakau nach Warschau abgereist, da über die letzte Ursache der Katastrophe noch nichts bekannt ist. Es scheint, daß Frau Przybyszewska Emeryk Grund gab, zu zweifeln, daß sie länger seine Genossin bleiben wolle, und daß der junge Mann aus Eifersucht den Tod der Geliebten und den seinen herbeiführte.




[Texten hämtad ur Neue Freie Presse 11 respektive 13/6 1901.]